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26. Juli 2004. Nachrichten: Politik & Recht - Südasien Zwei Minister im Rampenlicht

Medienthema auf Armutskonferenz war die Begegnung Indien-Pakistan

Zwei Tage berieten die Außenminister der Südasiatischen Assoziation für Regionalzusammenarbeit (SAARC) in Islamabad Fragen der Armutsbekämpfung auf dem Subkontinent. Doch die Medien machten eine Begegnung zwischen den Außenministern Pakistans und Indiens zum Hauptthema.

Die "Gespräche am Rande" des 25. SAARC-Außenminister-Treffens zwischen Natwar Singh (Indien) und Kurshid Mahmud Kasuri (Pakistan) wurden von den Journalisten in den Mittelpunkt gerückt, obwohl sie keine sensationellen Resultate brachten. "Meine Lippen bleiben geschlossen. Ich könnte höchstens etwas Luft durch sie ablassen", resümierte der pakistanische Minister die Begegnung. Sein indischer Amtskollege war auf der Pressekonferenz kaum gesprächiger und äußerte lediglich: "Wir suchen Lösungen, während Sie eine Story suchen." Allein, dass sich die beiden Minister im Verlauf von zwei Monaten nun bereits zum dritten Mal trafen, sahen die Medien als Grund für eine umfangreiche, wenn auch kaum substanzielle Berichterstattung. Im 90-Minutengespräch zwischen Singh und Kasuri wurden der Kaschmirkonflikt, die Einschleusung von kaschmirischen Militanten aus dem pakistanischen ins indische Kaschmir, die Eröffnung einer Buslinie zwischen beiden Kaschmirteilen, der Dammbau am Jhelum-Fluss, Grenzfragen im Südabschnitt (Sir Creek) behandelt und das nächste Treffen Anfang September in Delhi vereinbart.

Das alles verlief in "offener und freundschaftlicher Atmosphäre". Bemerkenswert, dass beide Seiten auf die sonst übliche scharfmacherische Rhetorik verzichteten und auch den Medien kaum Chancen zu böswilligen Spekulationen ließen. Natwar Singh brachte eine "Botschaft guten Willens der indischen Bevölkerung" mit nach Islamabad, die ein entsprechend positives Echo fand.

Indien und Pakistan bleiben auf Entspannungskurs. Das ist die erfreuliche Botschaft aus der pakistanischen Hauptstadt. Weniger erfreulich war, was die Minister aus Bangladesch, Bhutan, Indien, Malediven, Nepal, Pakistan und Sri Lanka zum eigentlichen Thema ihres Meetings – der Bekämpfung der Massenarmut – zu sagen hatten: Noch immer lebt über die Hälfte der 1,4 Milliarden Bewohner Südasiens unter oder dicht an der Armutsgrenze. Das durchschnittliche jährliche Prokopfeinkommen liegt bei 450 Dollar. Millionen Menschen hungern, verfügen nicht über ausreichend Trinkwasser, haben kein Dach über dem Kopf, sind arbeits- und perspektivlos. Armutsbekämpfung stellt deshalb in jedem der sieben SAARC-Staaten die sozialpolitische Hauptaufgabe dar. Gemeinsam, so die Absichtserklärung von Islamabad, will man sie nun energischer durch mehr gegenseitige Investitionen, Energieverteilung, Entwicklung der Infrastruktur und andere Maßnahmen anpacken.

Sri Lankas Präsidentin Chandrika Kumaratunga hatte bereits im Mai auf einige grundlegende Aspekte der Linderung von Armut und Sicherung von Nahrung verwiesen. Sie nannte unter anderem eine vernünftige Landnutzung, den Ausbau der Bewässerungsnetze, verbessertes Wassermanagement, moderne Anbaumethoden in der Agrarwirtschaft und mehr Zugang der Kleinbauern zum Markt. Zugleich müsse man Korrekturen an der Wirtschaftspolitik vornehmen, um negative Auswirkungen der Marktwirtschaft auf Armut und schlechte Ernährung zu mindern. Die Staatschefin erinnerte aber auch an die Notwendigkeit konstruktiver Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sowie zwischen Entwicklungsländern und internationalen Finanzinstitutionen. "Während eine Hälfte der Menschheit so viel Nahrungsmittel zu sich nimmt, dass dies Krankheiten zur Folge hat, hungert die andere Hälfte, verhungert oder leidet unter extremer Unterernährung", führte sie aus. Der gegenwärtige internationale Konsens über einen liberalisierten Handel mit Agrarprodukten könne "in Verarmung großer Kreise der ländlichen Bevölkerung in den Entwicklungsländern resultieren, während die Bauern in den reichen Ländern weiterhin Agrarsubventionen genießen".

Dass sich SAARC in Islamabad eingehend mit dieser brennenden Problematik befasste, wurde von den Sozialexperten in der Region immerhin als Lichtblick im Kurs der Staatengruppierung bewertet. 

Quelle: Der Beitrag erschien am 23. Juli 2004 in der Tageszeitung "Neues Deutschland".

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