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20. Februar 2010. Nachrichten: Politik & Recht - Sri Lanka Die Rache des Wahlsiegers

Machtkampf im Nachfeld der Präsidentschaftswahl in Sri Lanka

Der Machtkampf in Sri Lanka eskaliert. Nach der Festnahme von Sarath Fonseka, dem Verlierer der Präsidentschaftswahlen, kommt es zu gewaltsamen Demonstrationen.

Militärpolizisten und Geheimdienstler stürmten die Büroräume, Sarath Fonseka, der bei den Präsidentschaftswahlen unterlegene Oppositionskandidat, wurde an Händen und Füßen gefesselt abgeführt. Seit der Polizeiaktion am Montagabend vergangener Woche ist er an einem geheimen Ort inhaftiert. Offiziell vorgeworfen werden dem ehemaligen General zahlreiche Vergehen, darunter die Planung eines Putsches, Landesverrat und Korruption. Ende Februar soll vor einem Militärgericht ein Verfahren gegen ihn eröffnet werden. Ihm droht eine langjährige Haftstrafe.

Doch die Oppositionellen glauben an andere Gründe für die Verhaftung. Mehrfach hatte Fonseka die Ungereimtheiten kritisiert, welche die Wiederwahl des Präsidenten Mahinda Rajapaksa am 26. Januar begleiteten. Ein noch wichtigerer Grund, den unbequemen Verlierer in Gewahrsam zu nehmen, dürfte für die Regierung jedoch gewesen sein, dass er wiederholt in Interviews seine Absicht bekundete, die Namen hochrangiger Politiker und Militärs zu nennen, die für Kriegsverbrechen verantwortlich seien.

Diese Drohungen Fonsekas, unter dessen Führung der Feldzug gegen die Guerilla der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) sein gewaltsames Ende fand, zielten insbesondere auf das Umfeld des Präsidenten. Seit Monaten halten sich hartnäckige Gerüchte, Gotabhaya Rajapaksa, Verteidigungsminister und Bruder des Präsidenten, habe die Exekution gefangener LTTE-Kader befohlen und Entführungen von Regierungskritikern angeordnet.

Der Verteidigungsminister äußerte mehrmals seine Vorbehalte gegen den "Burgher" Fonseka, womit er auf dessen Zugehörigkeit zu der Minderheit anspielt, die aus den Ehen von Kolonialisten mit Einheimischen hervorging und deren Angehörige meist niederländische oder englische Familiennamen tragen.

Rajapaksa brachte Fonseka überdies jüngst in Verbindung mit bislang ungeklärten Mordfällen. Er behauptete, dass offensichtlich gerade jene Journalisten gefährdet gewesen seien, die seinerzeit den Generalstabschef Fonseka kritisierten, und verwies auf den Fall Lasantha Wickrematungas, des im Januar 2009 ermordeten Chefredakteurs de Zeitung Sunday Leader. Dagegen hätten Kritiker der der Regierung niemals etwas zu befürchten gehabt. Diese Behauptung entspricht nicht der Realität, regierungskritische Journalisten müssen Einschüchterungen, Entführungen und Mordanschläge fürchten.

Ehemalige Vertraute Fonsekas in der Armee werden nun zwangspensioniert, gegen seinen Schwiegersohn Dhanuna Tillekaratna wurde am Montag ein Haftbefehl erlassen. Auch etwa 20 Mitarbeiter und Gefolgsleute Fonsekas sowie angebliche Deserteure sollen inhaftiert worden sein. Präsident Rajapaksa, der hofft, seine Macht nun festigen und erweitern zu können, löste das Parlament auf, dessen Legislaturperiode regulär im April geendet hätte, und kündigte Neuwahlen an.

Seit Dienstag vergangener Woche protestieren in der Hauptstadt Colombo täglich Anhänger Fonsekas gegen die Verhaftungswelle. Doch auch die regierende Freiheitspartei Sri Lankas (SLFP) organisiert Demonstrationen ihrer Anhänger, auf den Straßen kommt es zu Kämpfen. Fonseka forderte über seine Frau Anoma seine Anhänger auf, friedlich zu protestieren. Eine weitere Eskalation dürfte nicht in seinem Interesse sein, schließlich gäbe diese der Regierung die Möglichkeit, noch repressiver gegen die Opposition vorzugehen.

 

Quellen

Der Beitrag erschien im Original am 18. Februar 2010 in der Wochenzeitung Jungle World 7/2010.

 

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